Scars across humanity.
Understanding and overcoming violence against women.

Laut den von Elaine Storkey zusammengetragenen Zahlen werden täglich 39000 minderjährige Mädchen (mit oft viel älteren Männern) verheiratet. 80000 Frauen werden jedes Jahr vergewaltigt — in den USA alleine. In vielen Kulturen werden Mädchen gezielt abgetrieben, so dass in Indien auf 1000 Knaben unter 7 Jahren nur noch 914 Mädchen gezählt werden.

Es ist eine beklemmende Lektüre.

Storkey hat akribisch unzählige Geschichten, Statistiken und Analysen zu Gewalt gegenüber Frauen zusammengetragen. Die Tragik von Weiblicher Genitalbeschneidung, Menschenhandel und Prostitution, und sexuelle Gewalt im Krieg, um nur einige der Themen zu nennen, werden schonungslos aufgedeckt. Die abstrakten und schwer fassbaren Zahlen aus den Statistiken und Untersuchungsberichte werden durch die Berichte von Einzelschicksalen eindrücklich illustriert. Hinter jeder Zahl stehen Opfer. Frauen.

Dass Frauen unter Gewalt leiden ist wohl für die wenigsten eine Neuigkeit. Storkey geht darüber hinaus und beschreibt ganz nüchtern die ganze Dimension dieser Gewalt. Nach 8 Kapiteln zu unterschiedlichen Formen der Gewalt gegenüber Frauen ist klar, dass die Sätze auf den ersten Seiten des Buches nicht übertrieben sind.

Virtually every minute of every day, there are incidents, somewhere, of domestic abuse, rape, honour killing, sexual violence, harassment, acid attacks, bride bruning, femicide, mutilation or violation of trafficked women. […] The impact ripples through every area of society; it affects women, children, families, neighbourhoods, men, law-makers, law-enforcers, health providers and so many of our social institutions. It does indeed leave scars on the face of humanity. (S. 7)

Storkey stellt sich auch der Frage nach den Tätern. Wenig überraschend sind es oft Männer, die Gewalt an Frauen ausüben. Doch Storkey differenziert in ihrer Analyse und zeigt auf, dass ein einfaches Mann-Frau Schema zu kurz greift. Gewalt wird dann möglich, wenn die Kultur diese erfolgreich legitimieren kann. Ehrenmorde geschehen zum Schutz der sozialen Ordnung. Sexuelle Gewalt im Krieg wird bewusst als Waffe zur Zerstörung des Feindes eingesetzt.

In den letzten Kapiteln analysiert Storkey Theorien, welche die Gewalt gegenüber Frauen zu verstehen versuchen. Die Deutungen der Evolutionsbiologen und Sozialwissenschaftler sind für Storkey zwar plausible Erklärungen, bieten aber keine Hoffnung für die leidenden Frauen, da sie die Gewalt letztlich als etwas natürliches ansehen. Diese Hoffnung für die Frau findet die Theologin Storkey in der Bibel. Mit dem Konzept der „Sünde“ bleibt die Gewalt gegenüber Frauen keine biologische Notwendigkeit oder ein evolutionärer Effekt, sondern ein Versagen in unseren Beziehungen und unserer menschlichen Verantwortung. Die Hoffnung in dieser Situation besteht nicht in menschlichen Bemühungen, sondern in der Vergebung durch Jesus Christus.

Diese letzte These von Storkey werden nicht alle Leser teilen. Doch selbst dann bleibt die dringende Frage am Schluss des Buches, wer oder was diese grauenhafte Gewalt gegenüber Frauen beenden kann. Ein tiefgreifendes Umdenken ist dazu Voraussetzung. Gedankenanstösse finden sich in diesem Buch wirklich genug.

Scars across humanity. Understanding and overcoming violence against women, Elaine Storkey, London: SPCK, 2015